Wo die Arbeit mit jeder einfahrenden Bahn von Neuem beginnt


12.12.2019

Daniel Jörg und sein Team sind für die Reinigung von 30 Bahnhöfen in der Region Bern verantwortlich. Wetrok durfte den Teamleiter der BLS-Verkehrsbetriebe einen Tag lang bei der Reinigung des Bahnhofs Hasle-Rüegsau bei Burgdorf begleiten. Sogar in die Fernsteuerzentrale, wo der Zugverkehr überwacht wird. Dort gilt es eine wesentliche Sicherheitsmassnahme bei der Reinigung zu beachten.

“Entschuldigen Sie, auf welchem Gleis fährt denn der Zug nach Sumiswald?”, erkundigt sich eine ältere Dame und eilt mit schnellen Schritten auf Daniel Jörg zu. Keine Seltenheit für den Teamleiter des Reinigungs- und Serviceteams am Bahnhof Hasle-Rüegsau. “Wir sind für unsere Kundschaft die erste Anlaufstelle. Daher sind Hilfsbereitschaft, gute Umgangsformen und Dienstleistungsorientierung an einem Bahnhof bei Reinigungsmitarbeitenden genauso gefragt, wie der versierte Umgang mit der Reinigungsmaschine”, erklärt Daniel Jörg. Die orange Arbeitskleidung tut ihr Übriges dazu. Wenn es nicht gerade Fahrplanauskünfte verteilt, kümmert sich sein 12-köpfiges Team jedoch um andere Aufgaben an den 30 Regionalbahnhöfen. Von der Reinigung und der Grünpflege bis hin zur Behebung von Störungen am Fahrkartenautomaten oder dem Schmieren und Ölen der Weichen sind die Aufgaben sehr vielfältig. Sie alle vereinen ein Ziel: Die Besucherinnen und Besucher sollen sich am Bahnhof wohl und sicher fühlen. Ein Bahnhof schläft nie, deshalb beginnt der Arbeitsalltag für Daniel Jörg früh. Seine erste Reinigungsstation heute: die Fernsteuerzentrale.

Nässe birgt Gefahren für sensitive Räume
Mit Staubwischtüchern, Wischgerät und Mopp in der Hand öffnet der Mann in Orange die Tür zur Fernsteuerzentrale. Die Kollegen begrüssen ihn freundlich – man kennt sich hier. 50 Monitore und diverse Schalthebel zeugen davon, dass wir hier im Herzen des Bahnhofs angelangt sind. Genauer gesagt im Herz von über 30 Bahnhöfen. Schliesslich wird hier der Bahnverkehr für die gesamte Region überwacht. Bei Störungen wird sofort reagiert. Daniel Jörg spannt wie jeden Tag ein Staubwischtuch auf das Variwet-Gerät auf und beginnt den Boden vom Staub zu befreien.

Das Staubwischtuch bietet hier gegenüber einem Staubsauger drei entscheidende Vorteile: Es generiert keine Staubaufwirbelung, birgt keine Stolpergefahr durch Kabel und die Reinigung kann leise verrichtet werden. Zweimal pro Woche wischt er den Boden zusätzlich mit einem Mopp. Hier ist methodisch besondere Vorsicht geboten: Die technischen Anlagen erforderten eine aufwändige Verlegung der Kabel unter den Bodenplatten. Somit darf der Boden nicht mit zu viel Nässe in Berührung kommen. Ein herkömmliches Wischen mit einem nassen Mapp ist hier unmöglich. Deshalb hat Daniel Jörg am Wischgerät eine Drucksprühflasche angebracht. Die Methode des Sprühmoppens ist hier ideal: Punktuelle Verschmutzungen werden mit wenigen Sprühstössen Reinigungslösung versehen und mit dem Mopp aufgewischt. So wird der Boden nie komplett nass und Daniel Jörg und sein Team können das Sauberkeitsniveau hochhalten. Das tun sie auch im Reisezentrum.

Von fernen Reisen und fettigen Resten
Im Reisezentrum sind zu jeder Tageszeit Kundinnen und Kunden anzutreffen, die eine Reise buchen oder ein Bahnticket lösen möchten. Die Reinigung muss daher effizient und weitestgehend ohne Lärmstörungen erfolgen. Es dauert keine Minute bis Daniel Jörg die Schmutzschleusen beim Eingang des Reisezentrums feinsäuberlich zusammengerollt und bei Seite gestellt hat. Nun kommt die Scheuersaugmaschine zum Einsatz. Der Raum ist eng, aber mit der wendigen Discomatic Bolero ist das kein Problem. Der grossgewachsene Mann wirkt beinahe wie ein Riese neben der kompakten Reinigungsmaschine. Sogar das Scheuersaugen unter den Schalterpulten gestaltet sich komfortabel. Das helle Frontlicht der Reinigungsmaschine lässt Daniel Jörg sogar den Schmutz in der hintersten Ecke sofort erkennen – ohne mühsames Bücken. Um eine Rutschgefahr zu vermeiden, saugt er den Kunststeinboden unter den Pulten zusätzlich rückwärts ab. Nach wenigen Minuten ist die Arbeit erledigt und es können in der wohlduftenden Umgebung wieder Reisen gebucht werden.

Beim Verlassen des Gebäudes entdeckt Daniel Jörg jedoch Griffspuren und Handcrème-Reste am Türgriff. Dafür kommt nun die mitgeführte Schaumflasche zum Einsatz.

Vor seinem Rundgang hat er Wasser und Reinigungschemie in einer Schaumflasche angemischt. Nun braucht er die Flasche nur leicht zu quetschen und hervor quillt fliessender weisser Reinigungsschaum. Mit einem Mikrofasertuch verteilt er diesen auf dem Türgriff. “Der Schaum sorgt im Vergleich zu einem Spray dafür, dass ich keine Sprühpartikel einatme und erreicht eine optimale Oberflächenbenetzung”, berichtet Daniel Jörg während er die Spuren verschwinden lässt. Auch bei seiner nächsten Station auf dem Rundgang kommt die Schaumflasche zum Einsatz.

Kreisförmige Abwischbewegungen bei gebürstetem Edelstahl tabu
Direkt vor dem Reisezentrum steht eine rund vier Meter breite Informationswand. Sie leuchtet in den grün-gelben Farben der BLS-Betriebe und bietet den Reisenden Fahrplaninformationen. Auch ein Notrufknopf befindet sich dort. Daniel Jörg und sein Team testen diesen regelmässig auf Funktionstüchtigkeit. “Normalerweise reicht es aus, wenn wir die Leuchtwand zweimal wöchentlich mit Schaum reinigen. Aktuell gibt es jedoch viel Baustaub, der sich darauf ablagert, daher reinigen wir zurzeit regelmässiger”, erklärt Daniel Jörg und fährt, wie um seine Aussage zu unterstreichen, mit dem Finger über die obere Kante.

Sobald sich die Passanten informiert haben, können sie am gegenüberliegenden Ticketautomaten ihre Fahrkarte lösen. Auch dieser wird zweimal pro Woche gereinigt – jedoch mit einem Melamin-Handpad. Dieses sieht aus wie ein schneeweisser Schwamm und ist sehr abrasiv. Das heisst, dass Teile des Pads bei der Reinigung abgetragen werden. Von oben nach unten wischt er mit dem Pad über die Edelstahlfläche. Er weiss, dass es bei der Reinigung von Edelstahl wichtig ist, in Richtung der Bürstung zu arbeiten. Kreisförmige Bewegungen würden zu Schmierereien und optisch unschönen Resultaten führen. Bereits nach einer Bahn mit dem Pad sieht man den Unterschied: Die gereinigte Fläche glänzt wie neu. Weil sich abrasive Partikel des Pads auf dem Edelstahl abgetragen haben, greift Daniel Jörg nach Beendigung seiner Arbeit zum Mikrofasertuch, um diese beim Nachtrocknen zu entfernen.

Die letzte Station seiner Reinigungstour sind die Toiletten. Auch dazu setzt er Reinigungsschaum und ein Mikrofasertuch ein. Manchmal ist jedoch auch etwas mehr nötig: “Vandalismus und Graffiti-Sprayereien kommen hier zwar relativ selten vor, dennoch kostet es uns meist einige Stunden Zeit, diese wieder zu entfernen. Eine Arbeit, die eigentlich nicht nötig wäre”, bedenkt Daniel Jörg. Als er die Toilettentür schliesst und sich umdreht, steht bereits ein älterer Mann vor ihm. Vielleicht sucht auch er die Bahn nach Sumiswald.


Kurzinterview mit Daniel Jörg, Teamleiter Service und Grünpflege bei der BLS

“Bei der Bahnhofsreinigung bedarf es nur des Besuchs einer grossen Schulklasse und schon beginnt die Arbeit von Neuem”

Worin bestehen die Herausforderungen bei der Bahnhofsreinigung?
Ein Bahnhof hat nie wirklich geschlossen. Daher müssen wir alle Reinigungsarbeiten bei laufendem Betrieb und hoher Passantenfrequenz ausführen. Schwierig ist dabei, dass die Besucherströme unregelmässig und schwer planbar sind. Haben wir den kompletten Bahnhof strahlend sauber gereinigt, bedarf es nur einer grossen Schulklasse und schon beginnt die Arbeit von Neuem. Zudem müssen wir möglichst leise und unauffällig reinigen – Überlegungen zur Lautstärke des Staubsaugers und die Umstellung auf Reinigungsmethoden, die möglichst wenig Rutschgefahr bergen, sind für uns zentral. Zudem besteht immer ein gewisser Zielkonflikt in einem Team, das sowohl für den technischen Service als auch die Reinigung zuständig ist: Saubere Bahnhöfe sind die Visitenkarte der BLS, aber alles, was mit dem sicheren Zugverkehr zu tun hat (z.B. Weichen stellen) geht natürlich vor. Die Sicherheit steht an oberster Stelle. Zudem sind wir für die Bahnhofspassanten der erste Ansprechpartner in allen Belangen (schmunzelt).

Haben Sie diesbezüglich spezielle Situationen erlebt?
Einmal war Festwochenende in einer umliegenden Gemeinde. Am Morgen darauf wollte ich mit der Sanitärreinigung in den Toiletten-Anlagen beginnen, da entdeckte ich einen jungen Mann, der schlafend neben der Toilette lag. Ich habe ihn dann geweckt und zur S-Bahn begleitet. Meist geht es jedoch um einfachere Angelegenheiten, wie Auskünfte zum Zugverkehr oder falsch gelöste Tickets. Egal ob Reinigungsmitarbeitende, Bahnüberwacherin oder Berater im Reisezentrum– die Passanten sind unsere Kunden und wir versuchen ihnen in allen Angelegenheiten einen bestmöglichen Service zu bieten. Auch wenn dieser mal nicht unserem eigentlichen Job-Profil entspricht.

Sie sind Quereinsteiger in der Reinigung und haben im Frühling die Master-Reinigungsweiterbildung bei Wetrok absolviert. Was machen Sie seither im Alltag anders?
So einiges! Ich habe beim Wetrok Master gelernt, dass es verschiedene Tests gibt, um eine Bodenart zu bestimmen. Diese habe ich bereits mehrfach angewendet – dank der daraus resultierenden Erkenntnisse verwenden wir nun für viele Böden zielführendere Reinigungsmittel für die individuelle Bodenbeschaffenheit. Damit fördern wir die Werterhaltung. Zudem habe ich einige veraltete Reinigungsmethoden durch zeitsparendere ersetzt. So werden beispielsweise die Schmutzschleusen im Reisezentrum nun mit dem Teppich-Pad und der Einscheibenmaschine von Schmutz befreit. Auch die Reinigung mit Schaum haben wir für Oberflächen und den Sanitärbereich eingeführt. Für die BLS ist Arbeitssicherheit elementar und durch die Umstellung von Spray auf Reinigungsschaum laufen die Mitarbeitenden nun nicht mehr Gefahr, Sprühpartikel einzuatmen. An der Schulung waren viele aus meinem Team verblüfft, wie viel wir auch bei der Dosierung und der Anzahl verschiedener Mittel einsparen konnten. Wenn man nämlich weiss, welche Reinigungsmittel man wo anwenden kann, vereinfachen wenige, polyvalent einsetzbare Mittel den Arbeitsablauf sehr.

Erachten Sie stetige Weiterbildung in der Reinigungsbranche als wichtig? Falls ja, weshalb?
Absolut! Als Vorgesetzter hat man eine gewisse Verantwortung und gibt sein Wissen an seine Mitarbeitenden weiter. Da althergebrachte Reinigungsmethoden immer mehr durch effizientere und ergonomischere ersetzt werden, ist es Pflicht, am Ball zu bleiben. Schliesslich möchte ich meinen Mitarbeitenden kein falsches Wissen weitergeben. Zudem sollten Vorgesetzte in der Lage sein, ihren Mitarbeitenden Zusammenhänge zu klären und Hintergrundinformationen zu Themen wie der Bestimmung von pH-Werten oder der Wirkung von Tensiden zur bieten. Deshalb ist eine Reinigungsweiterbildung eine Investition in die Zukunft – in die der betreffenden Person, des Teams und des Unternehmens.


Über die BLS AG
Die BLS gehört zu den grössten Verkehrsunternehmen der Schweiz. Der Name der Bahn geht auf die ehemalige Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn (BLS) zurück. Im Kerngeschäft Bahn betreibt das Unternehmen Linien im Pendler- und im Freizeitverkehr und unterhält ein 420 Kilometer langes Eisenbahnnetz. Daneben vereint die BLS unter ihrem Dach Busbetrieb, den Autoverlad am Lötschberg und Simplon, die Schifffahrt auf dem Thuner- und Brienzersee sowie Güterverkehr. Im Jahr 2018 waren 66,3 Millionen Fahrgäste in den Zügen und Bussen und auf den Schiffen der BLS unterwegs.