Wenn Menschen mit Beeinträchtigungen in der Reinigung mithelfen


16.10.2019

Im Juni 2018 bezog die Institution Barbara Keller ihren Neubau im zürcherischen Binz bei Maur. Dort bietet sie Menschen mit einer Beeinträchtigung Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten. Um althergebrachte Reinigungsabläufe vom alten nicht auf den neuen Standort zu übertragen, beauftragte sie Wetrok mit einem Reinigungskonzept. Wie daraus gar ein neuer Angebotszweig erwuchs, berichtet Geschäftsführer Beat Stark im anschliessenden Interview.

Wer durch die Schiebetüren des Neubaus tritt, findet zu seiner Rechten das einladende Café Gütsch. Auf den makellos sauberen Tischen stehen rosafarbene Blumengestecke, in der Auslage wartet appetitliches Gebäck auf hungrige Besucher und in den Dispensern informieren Flyer über die Leistungen der Institution Barbara Keller. Obwohl man sich in einer Organisation mit vielen geschützten und einem kleinen Anteil regulärer Arbeitsplätze befindet, hat man das Gefühl, in einer eigenen kleinen Selbstversorger-Volkswirtschaft gelandet zu sein. Einer sehr tüchtigen: Die Blumengestecke werden im eigenen Atelier von Menschen mit stärkeren Beeinträchtigungen kreiert, die Tische von in der Tagesstruktur arbeitenden Klienten gereinigt,  das Gebäck von Auszubildenden einer zweijährigen praktischen Ausbildung gebacken und die Flyer in der hauseigenen Druckerei von Klienten und Mitarbeitern gedruckt und anschliessend in der Produktion gefalzt.

Beeinträchtigten Personen eine Aufgabe geben
Ursprünglich von der Initiantin Barbara Keller als Heim für Menschen mit einer Behinderung gegründet, hat sich die Institution zum Wohn-, Arbeits- und Ausbildungsplatz für Menschen mit einer Beeinträchtigung weiterentwickelt. «Früher ging die Gesellschaft anders mit beeinträchtigten Menschen um. Man versuchte sie vor allem zu beschützten, ihnen alles abzunehmen – und sie damit letztendlich auszuschliessen.  Heute ist der Umgang anders. Sie dürfen auch mal etwas selbst ausprobieren, mithelfen, lernen und Fehler machen. Diesen Raum geben wir den Menschen hier», erklärt Geschäftsführer Beat Stark.

Einfache Farbzuweisungen machen die Mithilfe der Klienten in der Reinigung möglich
Ein Stockwerk höher steht Irma* etwas verloren vor dem Reinigungswagen – sie scheint etwas zu suchen. Ein paar Sekunden später greift sie zielsicher nach einer Schaumflasche mit einem gelben Streifen auf der Flasche – einem Sanitärreiniger. Durch den gelben Streifen weiss sie, dass für die Reinigung ein gelbes Mikrofasertuch erforderlich ist. «Als Hilfe befinden sich auf den Wetrok Reinigungsmitteln Farbstreifen, die auf den Anwendungsbereich hinweisen und mit dem Farbsystem der Reinigungstücher übereinstimmen. Dieses System minimiert die Keimverschleppung,  erhöht die Kontrolle und macht es möglich, dass in einer Institution wie dieser Menschen mit einer Beeinträchtigung in der Reinigung mithelfen können“, führt Wetrok Reinigungsspezialist Walter Utzinger aus und ergänzt «Was den Klienten zusätzlich hilft, sind die ebenfalls verschiedenfarbigen Eimer auf dem Reinigungswagen.» Als Irma* vergeblich auf den Verschluss der Flasche drückt, kommt Teamleiter Hausdienst Ruedi Näf zu Hilfe. Er erklärt ihr, dass sie gar nicht auf den Verschluss zu drücken brauche, sondern die Flasche lediglich leicht zusammendrücken müsse, damit der Reinigungsschaum aus der Flasche kommt. Sie hat es verstanden und reinigt selbstständig das Waschbecken des Pflegebads, während Ruedi Näf die Armaturen der Pflegewanne auf Hochglanz bringt.

Reinigungsteam arbeitet in stetiger Begleitung von Klienten und Lernenden
Das Reinigungsteam ist klein. Es besteht aus zwei gelernten Fachpersonen mit Führungsverantwortung, einer Reinigungsmitarbeiterin, drei Lernenden und ein paar wechselnden Klienten. Im Zuge des neuen Reinigungskonzepts wurden alle regulären Mitarbeitenden durch Wetrok Spezialisten geschult und in die neuen Reinigungsmethoden eingeführt. Dieses Wissen geben sie nun an ihre unterstützenden Klienten weiter. Klientinnen wie Irma* dürfen überall mithelfen: von der Unterhaltsreinigung bis zur Fensterreinigung. «Am besten vergibt man abgrenzbare Teilaufgaben, die wiederkehrend sind. Eine Klientin ist beispielsweise für die tägliche Desinfektion der Türklinken im ganzen Haus verantwortlich und kann sich die Arbeit über den ganzen Tag frei einteilen», gibt Ruedi Näf einen kleinen Einblick in die Arbeitsaufteilung. Es gebe aber auch Klienten, die man auf den Reinigungsrundgang mitnehmen und dann Schritt für Schritt anleiten und beaufsichtigen müsse, erklärt der Teamleiter Hausdienst. Absolut begeistert ist er von den neuen Reinigungsmethoden wie dem staubbindenden Wischen und der manuellen Schaumreinigung. «Da ich immer begleitet von einem Lernenden oder einer Klientin arbeite, ist das Tempo sehr moderat. Umso dankbarer bin ich, dass wir nun mit effizienteren Methoden, wie der Reinigung mit Schaum, trotzdem schneller fertig sind», berichtet er von seinen positiven Erfahrungen. Er begrüsse es zudem sehr, dass das Reinigungspersonal seit der Umstellung auf den Reinigungsschaum nicht mehr der Gefahr ausgesetzt sei, durchs Sprayen gesundheitsgefährdende Aerosole einzuatmen.

Dezentrale Reinigungsräume für kurze Laufwege
Das Materialkonzept zieht sich durchs ganze Haus und ist gleichermassen auf Optik und die einfache Reinigung ausgerichtet: Die Flurböden bestehen aus Jura- und Solnhofener Kalkstein. Sie wurden nicht versiegelt, um eine gründliche Reinigung möglich und eine speckig-fettig wirkende Schichtansammlung unmöglich zu machen. Zuerst werden lose Verschmutzungen mit staubbindendem Wischen entfernt, anschliessend folgt die sporadische Nassreinigung mit einer Scheuersaugmaschine. Die Bedienung der Maschinen ist dem Fachpersonal vorbehalten. Jedoch funktioniert auch hier der Einbezug der Klienten perfekt: Sie sind während des Scheuersaugens für die Reinigung von Ecken und Rändern mit dem Mopp oder Randreinigungsgerät verantwortlich. Um die Laufwege möglichst kurz zu halten – hier besonders wichtig, um die Klientinnen nicht zu lange allein arbeiten zu lassen – wurde auf jedem Stock ein dezentraler Reinigungsraum eingeplant.

 

Bewohner reinigen ihre Zimmer selbst
An den Wänden durchbrechen Holzverkleidungen an Türen und in Zwischenräumen die moderne hellgraue Betonoptik mit einer gewissen Wärme. In der gesamten Liegenschaft wohnen 24 Personen mit eigenem Zimmer. Deren Räume wurden mit einem geölten Holzparkett ausgestattet. Für das Wohlbefinden der Bewohner wurde hier auch ein etwas erhöhter Reinigungsaufwand in Kauf genommen. Die Böden müssen regelmässig mit der Einscheibenmaschine geölt werden. «Es war uns wichtig, unseren Bewohnern einen möglichst warmen und natürlichen Untergrund zur Verfügung zu stellen», erklärt Beat Stark. Die Nasszellen sind in einem warmen Brombeerton gehalten und bestehen aus leicht zu reinigendem Polyurethan. Für die Unterhaltsreinigung der eigenen Nasszelle sind die Bewohner – soweit es ihre Beeinträchtigung zulässt – selbst verantwortlich. Auch hier hat Wetrok eine einfache Lösung gefunden: Ein Mopp wird mit einer Reinigungslösung getränkt und auf das Wischgerät aufgespannt. Damit werden sowohl Böden wie auch Wände der Nasszellen gereinigt. Effizient, mit einem einzigen Mittel – und erst noch ergonomisch.

«Gemeinschaft leben» – so lautet der Leitsatz der Institution Barbara Keller. Schaut man Irma* dabei zu, wie stolz sie ihrem Vorgesetzten das strahlend saubere Waschbecken präsentiert, wird klar: Der Leitsatz ist Alltag geworden.

*Name zum Schutz der Persönlichkeit geändert


Kurzinterview mit Geschäftsführer Beat Stark
«Wir suchten keinen Zulieferer, sondern einen Berater mit Weitblick»

Wie kam die Zusammenarbeit mit Wetrok zu Stande?
Wir haben ursprünglich mit Wetrok Kontakt aufgenommen, weil wir eine neue Ausbildung für unsere Klienten im Bereich Hauswirtschaft planten. Unser Ziel war es, den Reinigungsteil dieser Ausbildung in Zusammenarbeit mit Wetrok zu gestalten. Dabei haben wir aber gemerkt, dass wir uns zuerst um eine andere Baustelle – im wahrsten Sinne des Wortes – kümmern müssen: die professionellen Reinigungsabläufe in unserem eigenen Neubau.

Welche Rolle spielte Wetrok bei der Planung des Neubaus?
Wetrok hat uns dabei geholfen, unsere Reinigungsabläufe professionell zu planen. So verfügten wir bereits über ein individuelles Reinigungskonzept, bevor der letzte Stein im Neubau überhaupt fertig verbaut war. Insbesondere durch die Umstellung auf neue Reinigungsmethoden sparen wir nun deutlich Zeit – und dies bei einem höheren Hygienelevel. Ein Beispiel: Am anderen Standort in Küsnacht haben wir noch mit Staubsaugern gearbeitet. In den Fluren des Neubaus haben wir nun auf das staubbindende Wischen der Böden umgestellt. Die Staubwischtücher nehmen insbesondere Blütenstaub und noch vorhandenen Baustaub viel besser auf, als es der Staubsauger konnte. Die Reinigung muss bei uns besonders einfach sein, weil unsere Klienten dabei mithelfen. Das haben die Wetrok Spezialisten sofort verstanden und in entsprechende Reinigungspläne übersetzt. Beispielsweise konnten wir die Anzahl der Reinigungsmittel im Vergleich zum anderen Standort – insbesondere in der Sanitärreinigung – auf wenige, vielseitig einsetzbare Reiniger reduzieren. Zuerst die Beratung, dann die Produkte – so haben wir die Wetrok Arbeitsweise kennen und schätzen gelernt. Weshalb der Neubau nicht das einzige Projekt blieb.

Welches Vorhaben konnten Sie noch mit Wetrok realisieren?
Am Küsnachter Standort hatten wir bereits erste Erfahrungen im Angebot von Hauswartungsleistungen für umliegende Liegenschaften gesammelt. Das wollten wir nun hier etwas professioneller aufziehen. Idealerweise gehören die zwei angrenzenden Liegenschaften der Gemeinde und der Wohnbaugenossenschaft Maur – eine laufende Ausschreibung der Hauswartung und Reinigung machte unser Vorhaben zum dringlichen Projekt.  Für die Ausschreibungseingabe mussten exakte Reinigungspläne her. Da kam Wetrok erneut ins Spiel. Die Wetrok Spezialisten haben aufgrund der Quadratmeterzahlen, Bodenarten, Reinigungsfrequenzen und den Vorgaben für das Hygieneniveau alle nötigen Berechnungen durchgeführt. So wussten wir anschliessend exakt, wie viel Zeitaufwand diese Reinigungsleistungen benötigen und wie viel Personal wir einsetzen müssen. Da hat sich einmal mehr gezeigt: Wir haben uns nicht für einen Zulieferer von Reinigungsprodukten, sondern für einen Berater mit Expertise und Weitblick entschieden.


Über die Institution Barbara Keller
Die Institution Barbara Keller fördert Menschen mit einer Lernbeeinträchtigung oder einer geistigen Beeinträchtigung in ihrer Entwicklung, Eigenständigkeit und Lebensqualität. Um dies zu erreichen, bietet sie ihnen Wohn-, Arbeits- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Insbesondere durch das Anbieten von praktischen Ausbildungen können einige Klienten langfristig gar in den regulären Arbeitsmarkt geführt werden.